In unserer Kanzlei kommt es immer wieder zu folgender Konstellation: ein aufgeregter Mandant ruft an und teilt mit, gegen ihn werde wegen einer Straftat ermittelt. Er habe soeben eine Vorladung der Polizei erhalten und müsse dort erscheinen.
Muss er das wirklich? Die Antwort ist ganz klar: natürlich nicht. Ein Beschuldigter muss einer polizeilichen Vorladung keine Folge leisten. Lediglich einer richterlichen oder staatsanwaltlichen Vorladung muss man nachkommen. Dann müssen sich aber auch die Pflicht zum Erscheinen und die Folgen des Ausbleibens unmissverständlich aus der Vorladung ergeben.
Die Polizei versucht das freie Entscheidungsrecht eines Beschuldigten regelmäßig zu kaschieren, indem sie zum Beispiel in Bayern im Vorladungsschreiben folgende Wortwahl benutzt: „…ist Ihre Vernehmung als Beschuldigter erforderlich…“. Das Wort „erforderlich“ soll offensichtlich suggerieren, man habe die gesetzliche Verpflichtung zum Erscheinen. Kein Wort davon, dass das Erscheinen dem Beschuldigten vollkommen freisteht.
Für die, die es genau wissen wollen: das alles ergibt sich aus § 161a StPO.
Leider habe ich in meiner Praxis auch schon folgenden „Trick“ der Ermittlungsbehörden erlebt: in dem Schreiben der Polizei heißt es, die Vorladung erfolge aufgrund einer staatsanwaltlichen Weisung. Auch hier handelt es sich natürlich immer noch um einen polizeiliche Vorladung -mag sie auch von der Staatsanwaltschaft initiiert worden sein- der man nicht nachkommen muss. Ich habe es auch schon erlebt, dass bei einer angeblichen „staatsanwaltlichen Vernehmung“ einer Zeugin in den Räumen der Polizei der Staatsanwalt überhaupt nicht anwesend war und lediglich zu Beginn der Vernehmung kurz telefonisch mitteilte, dass er das Fragerecht nunmehr vollständig an den ermittelnden Polizeibeamten übertrage. Natürlich handelt es sich dann nicht mehr um eine staatsanwaltliche Vernehmung, der man sich dann auch nicht stellen muss. Hierzu auch ein interessanter Blogbeitrag mit Rechtsprechung: Staatsanwaltliche Vernehmung nur durch den Staatsanwalt
Wie handle ich also im Falle einer polizeilichen Vorladung richtig? Das kann man nicht pauschal beantworten. Es gibt Konstellationen, in denen das Sprichwort „Schweigen ist Gold“ zutrifft. Manchmal kann es aber auch sinnvoll sein, bereits zu einem frühen Zeitpunkt Angaben zu machen. Als Laie können Sie das häufig nicht richtig einschätzen, so dass ich Ihnen dringend empfehle, sofort einen Fachanwalt für Strafrecht zu Rate zu ziehen. Dieser wird Ihnen helfen, die für Sie beste Entscheidung zu treffen.