Raus aus der Gemeinschaftsunterkunft – Wann darf man ausziehen?
In der alltäglichen Arbeit im Ausländerrecht bekomme ich immer wieder die Frage gestellt, ob es nicht doch möglich wäre aus der Gemeinschaftsunterkunft auszuziehen. Oftmals ist das Zusammenleben nervenaufreibend, die Räumlichkeiten für Familien unzureichend oder es stehen schlichtweg Familienangehörige bereit, die den oder die Asylbewerber bei sich aufnehmen würden. Abgesehen von einem Umverteilungsantrag (zu richten an die Regierung in deren Bezirk man verteilt werden möchte), besteht unter gewissen Voraussetzungen die Möglichkeit die Unterkunft zu verlassen. Ich möchte daher einen kurzen Überblick über diese Voraussetzungen liefern:
Vom Grundsatz her sollen Asylbewerber in Gemeinschaftsunterkünften (Betreiber ist hierbei die jeweilige Regierung) oder dezentralen Unterkünften (Betreiber sind die Landratsämter und kreisfreien Städte) untergebracht werden. Dies ist in Art. 4 Abs. 1 Satz 1 Aufnahmegesetz (AufnG) geregelt.
Zum Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft bzw. der dezentralen Unterkunft sind folgende Personenkreise berechtigt:
- Familien mit mindestens einem minderjährigen Kind und Alleinerziehende mit mindestens einem minderjährigen Kind nach Abschluss des behördlichen Erstverfahrens vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wenn die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und
- Asylbewerber nach Ablauf von vier Jahren nach Abschluss des behördlichen Erstverfahrens vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, wenn durch den Ausländer eine anderweitige Unterkunft nachgewiesen wird, deren Aufwendungen den angemessenen Umfang nicht übersteigen und der Auszug mind. zwei Monate vorher der zuständigen Behörde angezeigt wird, Art. 4 Abs. 4 Satz 1 AufnG.
Zum Auszug nicht berechtigt sind:
- Personen, die wegen einer oder mehrerer im Bundesgebiet vorsätzlich begangener Straftaten durch ein deutsches Strafgericht rechtskräftig verurteilt wurden, wobei Geldstrafen von insgesamt bis zu 50 Tagessätzen oder bis zu 90 Tagessätzen wegen Straften, die nach dem AufenthG oder dem AsylG nur von Ausländern begangen werden können, grundsätzlich außer Betracht bleiben oder
- Personen, die vorsätzlich über Ihre Identität täuschen oder nicht hinreichend an der Klärung ihrer Identität mitwirken und hierdurch die Aufklärung ihrer Identität erheblich erschweren oder sonst erheblich, fortgesetzt und dauerhaft gegen asylverfahrensrechtliche oder aufenthaltsrechtliche Mitwirkungspflichten verstoßen haben.
In diesen Fällen findet eine Einzelfallprüfung statt (Art. 4 Abs. 5 AufnG).
Jedoch kann die Behörde in begründeten Ausnahmefällen den Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft oder dezentralen Unterkunft gestatten.
Ein begründeter Ausnahmefall liegt insbesondere vor, wenn
- Krankheit die Unterbringung unzumutbar macht,
- aufgrund Schwangerschaft die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft (oder dezentralen Unterkunft) unangemessen ist,
- Asylbewerber über ein so hohes Einkommen oder Vermögen verfügen, dass sie den gesamten Lebensunterhalt für sich oder, sofern sie eine Familie haben, ihrer Familie tragen können oder
- wenn Ehepartner oder Eltern und ihre minderjährigen Kinder über unterschiedliche ausländerrechtliche Status verfügen und mind. eine Personen aufgrund ihres Aufenthaltsstatus zum Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft (oder dezentralen Unterkunft) berechtigt ist.
Ein begründeter Ausnahmefall liegt in der Regel nicht vor bei Personen, die nicht im Besitz gültiger Pässe sind, obwohl sie in zumutbarer Weise einen Pass erlangen könnten, oder bei der Beschaffung von Heimreisedokumenten nicht mitwirken. Die Gestattung ist unter dem Vorbehalt des Widerrufs zu erteilen, (Art. 4 Abs. 6 AufnG).
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