Je nach Angebot ermöglichen es Online-Videorecorder entweder das gesamte Programm oder Teile davon digital aufzunehmen und über eine cloud zu streamen oder herunterzuladen. Es ist hierbei sogar möglich die Werbung zu überspringen oder gleich ganz und vollautomatisiert herausschneiden zu lassen. Die betroffenen Sender sehen in diesen Diensten eine Bedrohung ihres auf Werbung basierenden Geschäftsmodells und eine Konkurrenz zu ihren eigenen Mediatheken.
Bereits seit 10 Jahren streitet man sich daher in Deutschland über die Vereinbarkeit dieser Dienste mit dem Urheberrecht. Neulich hat der EuGH über ein Vorabentscheidungsersuchen des italienischen Tribunale ordinario di Torino entschieden. Die Entscheidung lässt jedoch Fragen offen (Urt. v. 29.11.2017, Az. C-265/16).
Die Problematik liegt im Detail. Es hängt sehr stark von den technischen Vorgängen ab, ob eine Verletzung des Urheberrechts angenommen werden kann:
- 16 UrhG (Vervielfältigungsrecht) § 87 Abs. 1 Nr. 2 UrhG (Recht am Sendesignal)
Das Speichern von Sendungen auf einem Server berührt das Vervielfältigungsrecht an den Programminhalten. Es handelt sich jedoch um zulässige Privatkopien nach § 53 Abs. 1 UrhG, wenn der Nutzer als Hersteller der Kopie gilt. Dies ist der Fall, wenn:
- der Nutzer eine Privatperson ist
- eine Einzelauswahl der aufzunehmenden Sendungen vorgenommen wird und die Aufnahme dann vollautomatisiert erfolgt.
- §§ 87 Abs. 1 Nr. 1, 19a UrhG (Recht auf öffentliche Zugänglichmachung)
Sofern der Nutzer die aufgenommene Sendung von einem individuellen Online-Speicherplatz aus stream, ist das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung nicht betroffen, da die Kopie nur von diesem einen Nutzer und nicht öffentlich abrufbar ist.
- §§ 87 Abs. 1, 20 UrhG (Senderecht)
Das Problem liegt jedoch im Empfang des Sendesignals durch den Betreiber des Online-Videorekorders, welches den Nutzern zugeführt wird. Hierin sieht die Rechtsprechung eine sogenannte Weitersendung und damit einen Eingriff in das Senderecht. Diese Rechtsverletzung kann auch die Ausnahme für Privatkopien nicht hinweghelfen, denn diese betrifft lediglich das Kopieren, nicht das Senden.
- §§ 87 Abs. 5, 20b UrhG (Kabelweitersendung)
Eine Kabelweitersendung setzt ein vollständig weiterübertragenes Programm voraus, § 20b UrhG. Hierfür ist es nach zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts (OLG) München (Urt. v. 03.06.2015, Az. 6 Sch 7/14 u. Urt. v. 06.04.2017, Az. 6 Sch 21/16) nicht ausreichend, wenn nur einzelne Sendungen weitergesendet werden. In diesem Fall hätte dann jedoch der Betreiber des Online-Videorekorders einen Anspruch auf Erteilung einer entsprechenden Lizenz gegen den betroffenen Sender.
Die technischen Modelle der Internet-Videorekordern werden nach gerichtlichen Entscheidungen angepasst. Gegenstand gerichtlicher Verfahren ist derzeit ein Modell, nach dem das gesamte Programm eines Senders auf Initiative des Nutzers automatisch gespeichert wird (wildcard). Ob dies den Anforderungen an eine Privatkopie und eine Kabelweitersendung genügt, ist noch nicht höchstrichterlich entschieden.
Quelle: Urteil EuGH – 29/11/2017 – VCAST, Rechtssache C-265/16; www.lto.de
linck@ruisingersteiner.de
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