Am 23.08.2017 ist das „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ vom 17.08.2017 im BGBl. verkündet worden (vgl. hier: BGBl I. S. 3202). Damit treten die Neuerungen/Änderungen/Erweiterungen nach Art. 18 Abs. 1 des Gesetzes in Kraft. U.a. wurde folgendes beschlossen:
Fahrverbot als allgemeine Strafe
Demnach kann künftig jede Tat mit Führerscheinentzug bestraft werden. Egal, ob ein Auto dabei irgendeine Rolle spielte oder nicht. Außerdem wird die maximale Dauer des Führerscheinentzugs von drei auf sechs Monate verdoppelt.
Schwarzarbeit
Mit dem fortgesetzten bzw. bandenmäßigen Vorenthalten von Sozialversicherungsbeiträgen in § 266a Abs. 4 Nr. 3 u. 4 StGB soll der Kampf gegen Schwarzarbeit verstärkt werden.
Online-Durchsuchung – ohne Wissen des Betroffenen
Mit der Einsatzerlaubnis für Spionagesoftware soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass Straftäter zunehmend über verschlüsselte Messenger-Dienste miteinander kommunizieren. Bei der Quellen-TKÜ werden Nachrichten schon im Rechner des Absenders abgefangen, bevor sie verschlüsselt werden. Die Online-Durchsuchung erlaubt es, unbemerkt aus der Ferne den Computer eines Verdächtigen nach Hinweisen auf Straftaten zu untersuchen. Für die Zulassung gelten nach dem neuen Gesetz vergleichbar strenge Voraussetzungen wie für die schon jetzt unter Richtervorbehalt erlaubte akustische Wohnraumüberwachung.
Blutentnahme ohne Richter
Mit dem „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ kann die Blutentnahme ab sofort standardmäßig, ohne Begründung von Gefahr im Verzug, durch die Staatsanwaltschaft oder den Polizeibeamten angeordnet werden.
DNA-Feststellungen
§ 81e StPO erlaubt nun auch DNA-Feststellungen zum Geschlecht und zur Abstammung etwaiger Verdächtiger.
Videoaufzeichnung der Vernehmung
§ 136 Abs. 4 StPO führt endlich die Video-Aufzeichnung der Beschuldigtenvernehmung ein. Bei Tötungsdelikten und besonders schutzbedürftigen Personen ist die Videoaufzeichnung der Vernehmung von nun an sogar Pflicht. Bohrende Fragen, ob die schriftlichen Aufzeichnungen einer Vernehmung zutreffen oder der ursprüngliche Wortlaut korrekt widergeben wurden, werden hinfällig. Mimik, Gestik und Tonfall des Beschuldigten sind eine zusätzliche Hilfe. Gewinner ist in jedem Fall das Ziel der Wahrheitsfindung.
Erscheinungspflicht von Zeugen
Bislang gab es keine Verpflichtung eines Zeugen eine Aussage vor der Polizei zu tätigen. Dies wurde geändert. In § 163 Abs. 3 StPO ist nunmehr geregelt, dass Zeugen auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen haben, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Wer Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft ist, wird durch § 152 GVG i. V. m. dem Landesrecht definiert. Die wichtigste Gruppe sind Polizeibeamte, es können aber auch andere Behörden sein, wie z.B. die Steuerfahndung. Nach § 163 Abs. 4 StPO entscheidet die Staatsanwaltschaft über die Zeugeneigenschaft oder das Vorliegen von Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechten, sofern insoweit Zweifel bestehen oder im Laufe der Vernehmung aufkommen.
Opening-Statement
In § 243 StPO ist nunmehr das sog. „Opening-Statement“ der Verteidigung geregelt. Auf Antrag erhält hier der Verteidiger in besonders umfangreichen erstinstanzlichen Verfahren vor dem Land- oder Oberlandesgericht, in denen die Hauptverhandlung voraussichtlich länger als zehn Tage dauern wird, Gelegenheit, vor der Vernehmung des Angeklagten für diesen eine Erklärung zur Anklage abzugeben. Gerade Schöffen wird ein durchdachtes Opening-Statement schon früh auf die für die Verteidigung wesentlichen Punkte hinweisen können.
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