Immer wieder machen Mandanten große Augen, wenn sie erfahren, dass sie einer polizeilichen Vorladung zur Vernehmung nicht nachkommen müssen. Unabhängig von der Frage eines Zeugnisverweigerungsrechts, ist die Frage nach der Natur der Vorladung zu beantworten. Hierbei ist zwischen einer polizeilichen und einer richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Vorladung zu unterscheiden.
Eine Pflicht zum Erscheinen bei der Polizei besteht im Gegensatz zur allgemeinen Wahrnehmung nicht. Dies folgt aus einem Umkehrschluss aus § 163 a III StPO im Bezug auf Beschuldigte und aus § 161 a I StPO für Zeugen. Diese Normen sehen nur eine Verpflichtung zum Erscheinen bei einer Ladung durch die Staatsanwaltschaft oder eines Richters vor. Speziell die Schreiben der Polizei enthalten keinen Hinweis auf eine Verpflichtung zum Erscheinen. Vielmehr wird dort oftmals geschrieben ein „Vorsprechen“ sei „erforderlich“. Dies mag für den Laien nach einer Verpflichtung klingen, dem ist aber nicht so.
Im Gegenzug besteht bei einer Ladung durch die Staatsanwaltschaft oder einer Ladung zur richterlichen Vernehmung die Pflicht zum Erscheinen. Hierbei haben die Staatsanwaltschaft sowie der vernehmende Richter das Recht, das Erscheinen im Wege der Vorführung mit einem Vorführungsbefehl zu erzwingen. Durch wen die betroffene Person letztlich vernommen wird, durch die Staatsanwaltschaft oder die Polizei, entscheiden die Strafverfolgungsbehörden in eigenem Ermessen. Der Beschuldigten hat jedoch, anders als der Zeuge, selbstverständlich weiterhin das Recht zu Schweigen.
Wenn jemand als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren vorgeladen wird, ist die Rücksprache mit einem Verteidiger ratsam. Ohne Einsicht in die jeweilige Ermittlungsakte ist eine Aussage regelmäßig nicht zu empfehlen. Im Ermittlungsverfahren werden die entscheidenden Weichen für den Verlauf des Verfahrens gestellt. Wird der Beschuldigte zu einer staatsanwaltschaftlichen Vernehmung geladen, muss er zwar erscheinen, jedoch bleibt das Schweigerecht hiervon unberührt. Man kann der Staatsanwaltschaft mitteilen, dass der Mandant keine Aussage machen wird. Oftmals kann erreicht werden, dass hierdurch von einer Ladung abgesehen wird.
Fazit:
- a) Ein Beschuldigter oder Zeuge ist nicht verpflichtet einer polizeilichen Ladung nachzukommen.
- b) Der Beschuldigte oder Zeuge ist hingegen verpflichtet einer staatsanwaltschaftlichen oder richterlichen Ladung Folge zu leisten. Als Beschuldigter hat man aber auch hier ein Schweigerecht. Als Zeuge muss man aussagen, sofern nicht ein anderweitiges Zeugnisverweigerungsrecht besteht.
- c) Als Beschuldigter ist es ratsam, bereits bei Erhalt einer Vorladung einen Verteidiger hinzuzuziehen.
Ida says
Danke für die Auskunft, ich wusste nicht, dass ich nicht bei der Polizei erscheinen muss. “Vorsprechen sei erforderlich“ ist ja schon ein sehr vager Ausdruck. Euer Blog hat mir schon oftmals geholfen, nicht nur der jetzige Blogeintrag für Verkehrsrecht.