Das OLG München hat in einem Beschluss vom 07.03.2016 unter Aktenzeichen 34 Wx 32/16 entschieden, dass im vorliegenden Fall den Erben durch das Grundbuchamt die Vorlage eines Erbscheins aufgeben kann, auch wenn der Erbe ein notarielles Testament vorweisen kann.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Erblasserin war 2014 verstorben und hatte diverse Testamente hinterlassen. Das erste Testament war von der Erblasserin 2000 vor einem deutschen Notar errichtet worden und enthielt die Benennung einer Vielzahl von natürlichen und juristischen Personen zu Erben in jeweils unterschiedlicher Quote. 2007 errichtete die Erblasserin vor einem österreichischen Notar in Graz ein weiteres Testament, in dem unter Aufhebung aller vorher errichteten letztwilligen Verfügungen das Kinderdorf Österreich zum Alleinerben eingesetzt wird. In diesem Testament waren vom Notar umfassende Hinweise zur Testierfähigkeit der Erblasserin aufgenommen worden. Unter anderem wurde aufgeführt, dass die Erblasserin große Ängste davor habe, durch ihre Brüder vergiftet zu werden. Es war auch ein mehrseitiges Gutachten eines österreichischen Facharztes für Psychiatrie und Neurologie beigefügt worden, das im Ergebnis die Testierfähigkeit der Erblasserin bestätigte. In einem weiteren handschriftlichen Testament aus dem Jahr 2014 ordnete die Erblasserin an, dass eine Dora A. die Haushälfte der Erblasserin „mit allen Möbeln und Inventar haben kann, wenn es ihr möglich ist die Sachen abholen zu lassen“. Weiter lagen dem Gericht Schriftstücke aus den Jahren 2013, 2014 und 2015 vor, die jedoch teils nicht vollständig und teils nicht unterschrieben waren.
Die in dem notariellen Testament aus dem Jahr 2007 eingesetzte Organisation „Kinderdorf Österreich“ erklärte nach dem Ableben der Erblasserin, dass sie die Erbschaft annehmen wolle und beantragte beim Grundbuchamt wegen zweier Immobilien die Änderung des Grundbuchs.
Das Grundbuchamt wollte diesem Antrag alleine aufgrund des vorliegenden notariellen Testaments nicht nachkommen und gab der Antragstellerin auf, einen (kostenpflichtigen) Erbschein vorzulegen.
Dies wollte das „Kinderdorf Österreich“ wiederum vermeiden und legte Beschwerde zum Oberlandesgericht ein.
Dort teilte man aber die Rechtsauffassung des Grundbuchamtes und wies die Beschwerde als unbegründet zurück.
Das OLG begründete seine Entscheidung damit, dass zum Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt zwar grundsätzlich ein notarielles Testament mitsamt Eröffnungsprotokoll ausreiche.
Wenn aber eine „Konkurrenz zwischen einem öffentlichen Testament und einer später errichteten eigenhändigen Verfügung von Todes wegen (besteht), so kann das Grundbuchamt regelmäßig schon dann auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen, wenn das eigenhändige Testament nicht offenbar ungültig, widerrufen oder für die Erbfolge bedeutungslos“ sei.
So sei im Erbscheinsverfahren insbesondere die Frage zu klären, was es mit dem Testament der Erblasserin aus dem Jahr 2014 auf sich habe. Dieses sei zumindest dem ersten Anschein nach formgültig erstellt und enthalte eine Verfügung zugunsten einer bestimmten Person. Ob mit diesem Testament das zeitlich frühere Testament aus dem Jahr 2007 widerrufen worden sei, müsse im Nachlassverfahren abgeklärt werden.
Weiter teilte das OLG mit, dass die Vorlage eines Erbscheins vorliegend auch deswegen erforderlich sei, da berechtigte Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin gegeben seien.
Aus den vom OLG beigezogenen Betreuungsakten ergebe sich nämlich, dass die Erblasserin bereits länger unter einer bestehenden paranoid-halluzinatorischen Psychose litt, die sich durch paranoid-halluzinatorisches Wahnerleben zeige. Ob und in welchem Umfang die Erblasserin vor diesem Hintergrund im Jahr 2007 überhaupt noch testierfähig war, müsse ebenfalls im Erbscheinsverfahren aufgeklärt werden.
Quelle: OLG München, Beschluss v. 07.03.2016 – 34 Wx 32/16
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