Unser Mandant, Herr M., war nahezu 15 Monate aufgrund richterlicher Anordnung in sog. Isolationshaft. Dadurch wird jedweder Kontakt zu anderen Mitgefangenen und Beschäfti-gungsformen verweigert. Aufgrund von Expertenmeinungen ist die Isolationshaft sehr umstritten und Kritiker sprechen daher von einer „Vernichtungshaft“. Es gibt zahlreiche Auswirkungen der Isolationshaft, unter anderem führt eine langandauernde Isolierung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Wahrnehmung und der kognitiven Leistungsfähigkeit. Die angeordnete Isolationshaft hat dazu geführt, dass bei Herrn M. Verhandlungsunfähigkeit diagnostiziert wurde. Bis zum Hinweis der Verteidigung am 26.9.2013 betreffend die erhebliche gesundheitliche Verschlechterung aufgrund der Isolationshaft hat es keine Überprüfungsmechanismen seitens der Justiz zu Dauer und Folgen der angeordneten Isolationshaft bei Herrn M. gegeben.
Die Aussetzung des Verfahrens ist die rechtliche Folge der festgestellten Verhandlungsunfähigkeit. Wie der gerichtliche Sachverständige bestätigte, erfolgte weder in der JVA Straubing, noch in der JVA München die vom Sachverständigen auf Grundlage seines 10-Punkte-Plans verordnete ärztliche Versorgung. So wurde Herrn M. trotz der Anweisung des Gutachters – bis heute – keine kognitive Therapie angeboten. Auch waren die JVAen nicht in der Lage, die vom Gutachter verordnete Gesprächspsychotherapie durch einen externen Therapeuten kurzfristig umzusetzen.
Hätte man den vom gerichtlichen Gutachter zur Wiederherstellung seiner Verhandlungsfähigkeit verordneten „10-Punkte-Plan“ vom 30.09.2013 zeitnah und vollständig umgesetzt, hätte eine Chance bestanden, den Prozess innerhalb der einzuhaltenden Fristen fortzusetzen. Auf die Einhaltung und sofortige Umsetzung hatte die Verteidigung von Anfang an und mehrfach – schriftlich (7mal) – gedrängt mit Schriftsätzen an das Gericht vom 9.10.2013, 11.10.2013, 21.10.2013, 30.10.2013, 2.11.2013, 4.11.2013, 7.11.2013.
Sowohl Herr M., als auch die Verteidiger wollten dadurch die Durchführung des Gerichtsverfahrens sichern.
Daher wurde auch und sogar von der Verteidigung – obwohl dies nicht deren Aufgabe wäre – eine Therapeutin im Hinblick auf die vom Gutachter verordnete Gesprächspsychotherapie organisiert, weil die JVAen hierzu kurzfristig nicht in der Lage waren. Auch Herr M. hat sich zur Verbesserung seines Gesundheitszustands sofort damit einverstanden erklärt.
Im Rahmen der Erläuterung seiner Gutachten am 13.11.2013 hat der gerichtliche Sachverständige Dr. Schulte, der Facharzt für Neurologie sowie Facharzt für Psychiatrie und Psycho-therapie, forensische Psychiatrie, Forensische Psychiatrie DGPPN sowie zertifizierter Gutachter der Deutschen Gesellschaft für neurowissenschaftliche Begutachtung (DGNB) ist auch auf die vom Gericht gestellte Frage, ob es denn theoretisch denkbar wäre, dass der Angeklagte M. seinen Zustand nur simuliere, ausgeführt, dass dies aufgrund von mehr als 20 Stunden Begutachtung und ca. 100 verschiedener Testverfahren ausgeschlossen werden könne. Dieses Ergebnis wurde weder von der Nebenklage noch von der Staatsanwaltschaft jemals in Frage gestellt. Zu keinem Zeitpunkt haben die Staatanwaltschaft oder die Vertreter der Nebenklage im oder außerhalb des Verfahrens, etwa per Schriftsatz, die mehrfachen gutachterlichen Ausführungen zur Verhandlungsunfähigkeit auch nur ansatzweise angezweifelt. Im Termin beim LG Augsburg am 13.11.2013 bestand übereinstimmend die Meinung, dass er verhandlungsunfähig ist.
Die Verteidigung kann nicht nachvollziehen, wenn durch den Nebenklägervertreter Rubach erst jetzt ausschließlich gegenüber der Presse Aussagen hierzu erfolgen und Zweifel ange-meldet werden, noch dazu, weil er selbst am 13.11.2013 im entscheidenden Termin beim Landgericht Augsburg noch nicht einmal anwesend war. Warum die von ihm geäußerte Kritik nicht gegenüber dem richtigen Adressaten, namentlich dem LG Augsburg erfolgte, ist für die Verteidigung ebenso wenig nachvollziehbar. Die Verteidigung sieht daher keine Veranlas-sung auf dessen unsachliche und von Vorurteilen und Unkenntnis behaftete Stimmungsmache einzugehen.
Das Gericht hat sich dem Sachverständigen nach eigener kritischer Prüfung angeschlossen und die Verhandlungsunfähigkeit festgestellt.
Völlig unverständlich ist, dass der Verteidigung seitens der JVA München die Einsicht in die Krankenakte von Herrn M. verwehrt wird.
Im Vordergrund steht die Gesundheit des Betroffenen, um ein rechtsstaatswürdiges Verfahren zu gewährleisten.
Dr. Adam Ahmed Werner Ruisinger
Fachanwalt für Strafrecht Fachanwalt für Strafrecht
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