Mit Spannung erwartet wurde die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Frage, inwieweit das Gesetz zur Regelung der Verständigung im Strafverfahren vom 29. Juli 2009 verfassungsgemäß ist. Vielfach wurde erwartet, dass das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis kommt, dass das Gesetz -insbesondere durch dessen praktische Anwendung- nicht verfassungskonform ist. Dem ist nicht so. Das Bundesverfassungsgericht stellt vielmehr in seiner Entscheidung vom 19. März 2013 folgendes fest:
1.) Das im Grundgesetz verankerte Schuldprinzip und die mit ihm verbundene Pflicht zur Erforschung der materiellen Wahrheit sowie der Grundsatz des fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens, die Unschuldsvermutung und die Neutralitätspflicht des Gerichts schließen es aus, die Handhabung der Wahrheitserforschung, die rechtliche Subsumtion und die Grundsätze der Strafzumessung zur freien Disposition der Verfahrensbeteiligten und des Gerichts zu stellen.
2.) Verständigungen zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten über Stand und Aussichten der Hauptverhandlung, die dem Angeklagten für den Fall eines Geständnisses eine Strafobergrenze zusagen und eine Strafuntergrenze ankündigen, tragen das Risiko in sich, dass die verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht in vollem Umfang beachtet werden. Gleichwohl ist es dem Gesetzgeber nicht schlechthin verwehrt, zur Verfahrensvereinfachung Verständigungen zuzulassen. Er muss jedoch zugleich durch hinreichende Vorkehrungen sicherstellen, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen gewahrt bleiben. Die Wirksamkeit der vorgesehenen Schutzmechanismen hat der Gesetzgeber fortwährend zu überprüfen. Ergibt sich, dass sie unvollständig oder ungeeignet sind, hat er insoweit nachzubessern und erforderlichenfalls seine Entscheidung für die Zulässigkeit strafprozessualer Absprachen zu revidieren.
3.) Das Verständigungsgesetz sichert die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Vorgaben in ausreichender Weise. Der in erheblichem Maße defizitäre Vollzug des Verständigungsgesetzes führt derzeit nicht zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung.
4.) Mit den Vorschriften des Verständigungsgesetzes hat die Zulassung von Verständigungen im Strafverfahren eine abschließende Regelung erfahren. Außerhalb des gesetzlichen Regelungskonzepts erfolgende sogenannte informelle Absprachen sind unzulässig.
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20130319_2bvr262810.html
Man darf gespannt sein, ob sich die Praxis aufgrund der mahnenden Worte aus Karlsruhe ändern wird oder ob es dabei bleibt, dass so mancher Deal gleichwohl im „Hinterzimmer“ über die Bühne geht.
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