Mit einem äußerst kuriosen Fall hatte sich das OLG Hamm zu beschäftigen:
Ein Rechtsanwalt erhielt von einem Mandanten 2011 den Auftrag, restlichen Arbeitslohn gegenüber dem ehemaligen Arbeitgeber des Mandanten gerichtlich geltend zu machen. In der Sache blieb der Anwalt nahezu untätig. Als der Mandant mehr und mehr auf ein Ergebnis drängte, teilte der Anwalt seinem Mandanten wahrheitswidrig mit, für ihn gegen den Arbeitgeber einen erfolgreichen Prozess vor dem Arbeitsgericht geführt zu haben. Als der Mandant das ergangene Urteil sehen wollte, fertigte der Rechtsanwalt die einfache Abschrift eines vermeintlichen Urteils des Arbeitsgerichts mit einem entsprechenden Tenor an, die er mit einem Stempelaufdruck „Abschrift“ versah und seinem Mandanten überließ. Eine Nachfrage des Mandanten beim Arbeitsgericht offenbarte, dass die vermeintliche Urteilsabschrift gefälscht war.
Das zuständige Amtsgericht und auch das Landgericht als Berufungsgericht verurteilten den Rechtsanwalt jeweils wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe. Hiergegen legte der Rechtsanwalt nunmehr erfolgreich Revision ein. Der Rechtsanwalt könne, so der 1. Strafsenat des OLG Hamm, nicht wegen Urkundenfälschung gemäß § 267 Strafgesetzbuch bestraft werden, weil er keine unechte Urkunde im Sinne der Strafvorschrift hergestellt habe. Die einfache Abschrift eines Urteils sei im Unterschied zu einer Urteilsausfertigung oder einer beglaubigten Urteilsabschrift keine Urkunde im strafrechtlichen Sinne. Die einfache Abschrift verkörpere nicht die Erklärung des Ausstellers des Originals, sondern gebe lediglich wieder, was (vermeintlich) in einem anderen Schriftstück stehe. Zwar würden in der Rechtsprechung einfache Abschriften unter gewissen Umständen als Urkunden im Sinne der strafrechtlichen Vorschrift des § 267 Strafgesetzbuch angesehen. Derartige Umstände seien im vorliegenden Fall allerdings nicht feststellbar. Das vom Rechtsanwalt erstellte Schriftstück sei von ihm nicht als ein vom Arbeitsgericht herrührendes Urteil, sondern lediglich als eine – mit einem Stempelaufdruck auch so gekennzeichnete – Abschrift ausgegeben worden. Als einfache Abschrift eines vermeintlichen Urteils habe das Schriftstück auch nicht als Ersatz für die Urschrift dienen können. Einfache Urteilsabschriften träten gerade nicht wie Ausfertigungen oder beglaubigte Abschriften kraft gesetzlicher Bestimmung an die Stelle der bei den Gerichtsakten verbleibenden Urschrift eines gerichtlichen Urteils. Zutreffend sei zwar, dass der Rechtsanwalt mit der gefälschten einfachen Abschrift und deren Vorlage gegenüber seinem Mandanten behauptet habe, dass ein Urteil des aus der Abschrift ersichtlichen Inhalts existiere. Allein dieser Umstand führe aber nicht dazu, dass nunmehr die Abschrift als unechte Urkunde im strafrechtlichen Sinn anzusehen sei.
Da hat der Kollege noch einmal großes Glück gehabt, denn man kann dies sicherlich auch anders sehen. Berufsrechtlich dürfte das Verhalten des Kollegen jedenfalls ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen.
Schreiben Sie einen Kommentar